Kleiner Anstoß, große Wirkung – ein kleiner Anstoß durch den WVER im Winter 2001/2002 reichte aus, um die Inde aus ihrem engen Korsett zu befreien. Seitdem ist der Mündungsbereich der Inde in die Rur wieder komplett der Kraft des Wassers überlassen. Da die Inde auf kompletter Länge keine Regulierung über Talsperren erfährt, kommen die Hochwässer „ungefiltert“ an. Steilabbrüche, Kiesbänke und Totholz zeugen von der neuen Dynamik, von der Lebensräume und Arten wie z. B. Eisvogel und Flussregenpfeifer profitieren.
Immer wiederkehrende Hochwässer und gerade das Hochwasser in 2021 haben im Schutzgebiet zu gravierenden Veränderungen geführt (gewollte und gewünschte Dynamik in einer natürlichen Flussaue). Neue Uferabbrüche bis zu 15m Breite sind entstanden, neue Kiesbänke im Fluss an die 2m hoch aus grobem Sediment wurden aufgetürmt.
Trockene Magerrasen in der Flussaue?
Zunächst verwunderlich aber ein echter natürlicher Bestandteil der Auen im Kreis Düren an Inde und Rur: artenreiche, trockene Magerwiesen, die ihren Ursprung der Kraft des Wassers verdanken. Äußerst selten in NRW, dass die Kraft eines Flusses reicht, um grobes Sediment aus dem Mittelgebirge weit ins Tiefland zu verfrachten. Die Rur hatte ohne Regulierung der Talsperren auch die Kraft, grobes Sediment bis hinter Jülich aus der Eifel zu transportieren. Mächtige Kiesinseln wurden geformt, die einige Jahre so liegen blieben. Da das Material extrem wasserdurchlässig ist, wachsen hier nur Arten, die im Sommer mit extrem trockenen Bedingungen zu Recht kommen. In der Botanik können hier einige Zeigerarten herangezogen werden: sicher mit die interessanteste Art der Aue ist der Streifen-Klee. In ganz NRW als stark gefährdet eingestuft hat sie in der Ruraue ihren Verbreitungsschwerpunkt in NRW.
Durch die Kraft des Wassers wurde aus dem Stolberger Raum das Galmei-Veilchen heruntergeschwemmt. Zwischen Stolberg und Eschweiler gibt es ein Vorkommen direkt in der Indeaue. Analog zu den Alpenschwemmlingen (Pflanzen, die aus den Alpen heraus ins Tiefland gespült werden) könnte man hier von einem Eifelschwemmling reden.
Aus dem Urlaub In Bayern von Lech und Isar sind solche Lebensräume - in einer Nummer grösser - vielleicht bekannt. Dort nennt man die Trockenrasen „Brennen“, weil sie früh imJahr aufgrund der Trockenheit und Hitze vertrocknen und gelb werden, wie verbrannt und tot. In spektakulärster Form in Norditalien am Tagliamento zu bewundern: eine Flussaue aus offenen Kieslandschaften kilometerbreit zu bewundern. Aber egal in welcher Größe immer das gleiche Prinzip.
Von der Ortschaft Kirchberg aus kann die faszinierende Schönheit der natürlichen Flusslandschaft auf eigene Faust entdeckt werden.